Wer den Tag vor dem Abend lobt…

Erinnert ihr euch noch, dass wir vor wenigen Wochen vom sensationellen Jahr 2025 geschwärmt haben? Kein Frost, Regen und Sonne im wunderbaren Wechsel – alles paletti! Uns war schon klar, dass es dieses Jahr ca. 20% weniger Ertrag als im Durchschnitt geben würde, weil die Blüte sich lange hingezogen hat und es einen kleineren Kälteeinbruch gab, der dazu führte, dass nicht alle Blüten bestäubt wurden.
Andererseits fanden wir das nicht ganz so tragisch, denn hierdurch sind die Trauben dieses Jahr „lockerbeeriger“ (also mit etwas mehr Platz zwischen den Träubchen) gewachsen. Das sorgt für eine gute Durchlüftung und vermeidet Pilzbefall. Und gleichzeitig, wir haben es ja in einem vorherigen Newsletter geschrieben, ist der Markt aktuell voll mit Wein – da zählt Qualität eher statt Quantität. Und die konnte sich sehen lassen! Wir waren sehr zufrieden mit unseren Weinbergen.
Das galt bis Mitte August.
Dann schlug das Wetter in unserem heimischen Mikroklima plötzlich um, wurde durchwachsen, und es regnete zu viel für unsere schon prall gefüllten Träubchen. Wir wurden immer nervöser. Denn zu viel Feuchtigkeit sorgt auch bei schönster Lockerbeerigkeit für Schimmel, und damit kann uns ruck zuck die ganze Ernte verloren gehen. Gleichzeitig können wir die Träubchen ja nicht vom Weinstock hektisch rupfen, bevor sie überhaupt richtig reif sind.
Die Traubensafternte
Die Ernte beginnt jedes Jahr mit dem Traubensaft. Dieses Jahr 2025 haben wir den Startschuss am 25. August gegeben – so früh wie noch nie zuvor in unserer (dokumentierten) Geschichte. Nur mal zum Vergleich: Unser Opa begann die Ernte immer erst im Oktober (der Klimawandel lässt grüßen).
Für unseren Traubensaft haben wir die Trauben der Rebsorten Müller-Thurgau, Kerner und Regent unter Dach und Fach gebracht, bevor sie zu viel Fruchtzucker bilden und später zu süß werden. Unser erklärte Ziel: 0% Alkohol mit dem ultimativen Fruchtaroma! Deshalb füllen wir unsere Säfte„kalt steril“ ab. (Das haben wir euch hier genauer erklärt). Aus diesem Grund gibt es den Traubensaft auch immer nur in stark begrenzter Menge und nur solange der Vorrat reicht! Wenn Ihr ihn probiert, werdet Ihr merken, dass er viel intensiver schmeckt als ein Saft aus Saftkonzentrat.
Hier findet Ihr unseren 2025er roten & weißen Traubensaft direkt zum Bestellen und Probieren.
Die Weinernte
Mit einem wachsamen Auge auf dem Himmel gingen wir von der Traubensafternte im Galopp sofort in die Weinernte über. Und dann geschah es - am 9. September brach der Himmel über uns herein. Mit wolkenbruchartigem Regen kamen in zwei Stunden über 30 Liter vom Himmel, so lange, bis sogar der Strom ausfiel (2 Mal innerhalb einer Woche, für mehrere Stunden…). Das Ernteteam saß mit tropfenden Klamotten mutlos im Weingut, denn bei so einem starken Regen ist es unmöglich, in den Weinbergen zu arbeiten. Und unsere Ernte hat richtig Schaden genommen … weil die prall gefüllten Träubchen von dem Regel regelrecht bombardiert wurden und somit die Schale aufgeplatzt ist.
![]() |
Damit begann sofort ein massiver Wettlauf gegen die Zeit. Denn völlig ungeschützt sind die Träubchen den Schimmelsporen und der nicht heimischen Kirschessigfliege „drosophila suzukii“ (wir sprachen schon einmal von ihr) schutzlos ausgeliefert. Letztere liebt nasskaltes Wetter und vermehrt sich mit mehreren Generationen pro Woche sehr rasant. Normalerweise zieht sie rote Trauben mit weicher Beerenhaut (wie z.B. Dornfelder und Saint Laurent) vor. Doch wenn die Beerenhaut offen ist, tobt sie sich überall aus.
Natürlich versuchen wir, sie einzudämmen, am liebsten mit natürlichen Feinden. Dazu gehören u.a. Ohrwürmer, Schlupfwespen und Wanzen. Doch leider sind diese Allesfresser und verzehren nicht nur sich gegenseitig, sondern auch unsere Früchte. Kleiner Exkurs: Die einzigen Nützlinge, die wir uneingeschränkt lieben, sind Marienkäfer. Sie fressen Blattläuse und keine Trauben. Super Tiere! ;-) Man kann die hinreißenden Käferchen übrigens sogar lebendig im Onlinehandel bestellen. Doch das mussten wir bisher noch nicht tun, denn in die Pfalz kommen sie von alleine. Aber zurück zur Ernte 2025.
Jetzt heißt es: Mit Hochdruck, voller Konzentration und rund um die Uhr alles geben, um unsere Ernte unter Dach und Fach bringen, bevor es zu spät ist. Gleichzeitig läuft das Weyherer Weinfest, einer unserer Höhepunkte im Jahr. Wir wünschten, wir könnten uns klonen, um diesen Doppelwopper zu bewältigen. Aber so ist es im Leben eines Winzers – wir hängen von der Natur ab, sie diktiert, wir springen.
Ein Gedanke hält uns aufrecht: Zum Erntedankfest im Oktober werden wir mit der Ernte längst fertig sein und uns mit Zwiebelkuchen und neuem Wein sowie den frisch abgefüllten Traubensäften und den jetzt endlich reif werdenden Lagenrieslingen aus dem letzten Jahr genussvoll entspannen können!
Foto: Kellermeister Peter hochkonzentriert in seinem Element
Doch bis dahin haben wir noch ein ganzes Stück harte Arbeit und schlaflose Nächte vor uns! Seniorchef Otmar hat das Ernteteam und unsere Weinberge voll im Griff. Und unser Kellermeister Peter zeigt gerade in solch einem herausfordernden Jahr sein Know-how und seine handwerkliche Perfektion mehr denn je. Ob und wie uns der 2025er Jahrgang gelungen ist, werden wir euch in wenigen Wochen berichten.
Seid gespannt!
Der Aromaduft in unserm Weinkeller der bereits geernteten Trauben lässt unsere Winzerherzen höher schlagen.
Eure rund um die Uhr erntenden Grafen
P.S. Wir hatten euch ein Update zu dem Zolldrama versprochen. Es gab eine Einigung mit den USA, und seit dem 7. August wurden die Zölle für Wein durchgehend auf 15% angehoben. Wir werden die Auswirkungen beobachten. Fest steht, dass es die generell schon schwierige Lage nicht vereinfacht. Ein interessanter Nebeneffekt: Kanada steigt als Importland von deutschem Wein senkrecht in die Höhe. Bis dato hat Kanada der Einfachheit halber oft über die USA eingekauft. Nun liefert Deutschland direkt. Und das feiern wir, schließlich kommt unsere Kristine aus Kanada.
Hallo Ihr “Grafen”.
Danke für den sehr informativen Newsletter.
Vielen Dank für den lebendig nacherlebbaren Bericht. Wir drücken euch die Daumen, das noch alles gut wird.
Liebe Grüße
Fam. Fackiner
Wir freuen uns über deine Kommentar