Erntebeginn … Startschuss für den 2023er!

Bild: Regenbogen im Weinberg bei der Weinlese Weingut Graf von Weyher Pfalz
JETZT ist er endlich da: Der heißersehnte Augenblick, in dem die Ernte beginnt! Wir können es kaum erwarten, die ersten Träubchen des Jahrgangs 2023 zu ernten. Wer diese magische Zeit miterleben möchte, kann den Bürotisch gegen das Feld eintauschen und einen Tag oder drei Wochen (und alles dazwischen!) mitarbeiten. Nur wer schon einmal von Kopf bis Fuß mit Traubensaft verklebt war, weiß, wie kostbar so ein Gläschen Wein wirklich ist.
Ihr wollt wissen, worauf Ihr Euch da einlasst? 
Der Tag beginnt um 8 Uhr. Die Traubeneimer und Traubenscheren werden bereitgestellt, Wasser zum Händewaschen wird gefüllt und die Traubenwagen werden ein letztes Mal kontrolliert, angehängt und zusammengeschraubt. Dann gibt es noch einen letzten gemeinsamen Kaffee und spätestens um 08.30 Uhr geht’s ab in die Weinberge.
Der Dress Code: Zwiebelprinzip! Gummistiefel, Wanderschuhe, Turnschuhe … je nach Wetterlage braucht Ihr alle drei an einem Tag. Außerdem lange und kurze Hosen im Wechsel, denn oft ist es früh am Morgen noch frisch und später wird es heiß. Definitiv ein Hut oder eine Kappe und ein guter Regenmantel. Im besten Fall ein bisschen Sonnencreme und dann natürlich gute Handschuhe …
Foto: gefüllter Taubeneimer mit Traubenschere Weingut Graf von Weyher Pfalz
Auf das Werkzeug kommt es an. Ein guter Koch verleiht seine Messer nicht – und ein echter Winzer gibt seine Traubenschere nicht aus der Hand! Denn auch unter den Traubenscheren gibt es die besonders schnittigen Modelle, die aus der Arbeit ein Vergnügen machen. So geht unser Weinbauingenieur Onkel Otto mit seinen 85 Jahren immer noch tageweise in den Weinberg – mit seiner ganz persönlichen Traubenschere, mit der er in über fünfzig Jahren seiner beruflichen Karriere schon TAUSENDE Träubchen abgeschnitten hat, versteht sich. An unsere Freizeit-Erntehelfer verleihen wir natürlich unsere hauseigenen Traubenscheren.
Bild In vino veritas - Weinbauingenier Onkel Otto im Weinberg
Nur wer Pausen macht, kann langfristig gut arbeiten. Punkt 12 (da sind wir ganz traditionell!) gibt es ein gemeinsames, warmes Mittagessen, von Kristine extra für die Weinbergs-Crew gekocht. Es gibt übrigens auch immer eine vegetarische Variante. Wir sitzen alle gemeinsam um den Tisch und es wird viel gelacht, während wir den Hauptgang und den süßen Nachtisch genießen. Um 13 Uhr gibt’s einen Espresso-Shot, um das Nachmittagstief zu überwinden und dann geht’s postwendend zurück in die Weinberge.
Um ca. 17 Uhr kehren wir alle ins Weingut zurück. Die Werkzeuge und die Traubenwagen werden gereinigt und alle helfen bei der Verarbeitung der frisch gepflückten Träubchen. Ein süßer Duft liegt in der Luft, man klebt von Kopf bis Fuß, aber der Anblick der hochgetürmten Träubchen ist immer wieder ein Highlight, das glücklich macht. Gegen 19 Uhr gehen wir alle mit schmutzigen Hosen in den Ausschank und genießen die Feierabendschorle. Ein langer Tag am schönsten Arbeitsplatz der Welt geht zu Ende ...
Foto: Feierabend Schorle im Weingut nach getaner Arbeit Weingut Graf von Weyher Pfalz
Wer dann immer noch fit ist, trifft sich sich nach der Dusche zum Schorlieren (das ist unser Pfälzer Ausdruck für parlieren (plaudern) und Schorle trinken). Manche unserer Erntehelfer haben schon die halbe Nacht mit Spieleabenden verbracht, sind aber pünktlich am nächsten Morgen erschienen (mit etwas kleineren Augen als sonst :-) ).
Tatsächlich erwarten wir dieses Jahr eine schwierige Ernte. Das Institut für Weinbau und Oenologie in Neustadt hat es in seinem letzten Newsletter sogar so krass formuliert: »Die Situation ist nicht gut. […] Die Weichen sind gestellt für eine perfekten Sturm. […]«
Bild: bei der Weinernte Weingut Graf von Weyher
Warum? Der Mehltau hat uns gebeutelt, das haben wir schon erzählt. Zusätzlich hat die Kirschessigfliege »drosphila suzukii« dieses Jahr wahre Orgien gefeiert. Sie ist ein Schädling, der vermutlich über importierte Früchte aus Asien eingeschleppt wurde. Sie wurde 2011 das erste Mal in Deutschland nachgewiesen, doch heute ist sie (leider) keine unbekannte Größe mehr. 2023 waren die Wetterbedingungen perfekt für die Viecher. Sie stechen die Träubchen an und verwandeln den Traubensaft in Essig. Dickhäutigen Trauben wie unserem Riesling macht das gar nichts aus, da prallt der Stachel glatt ab. Doch unsere zarter besaiteten Träubchen wie den Dornfelder und den St. Laurent hat’s dieses Jahr richtig erwischt.
So was wie Autan gibt’s für Trauben nur zu enormen Kosten, daher müssen wir alle Träubchen, die befallen sind, so schnell wie möglich rausschneiden. Das nennt man Negativlese …  Die Guten ins Tröpfchen, die Schlechten ins Kröpfchen … das war schon bei Aschenputtel so, und daran hat sich auch im 21. Jahrhundert noch nichts geändert. Teilweise ist es ein Wettrennen mit der Zeit … und in manchen Augenblicken entscheiden wir uns sogar dafür, die Ernte einzuholen, bevor die Träubchen den idealen Reifepunkt erreichen, um zu retten, was noch zu retten ist.
Doch die Stimmung im Weinberg ist trotz allem alles andere als Essig – denn wenn man seit 1788 Erfahrung hat, wirft einen ein einzelner schwieriger Jahrgang nicht so schnell aus der Bahn. Unser Onkel Otto jedenfalls sagt, dass er schon ganz andere Jahre erlebt hat. Wein hält wohl doch jung, denn er ist immer noch sehr rüstig und geistig flexibel, stapft durch die Weinberge und ist ein großer Fan unserer neuen PiWi-Sorten, anstatt den neumodischen Kram zu verdonnern. Mit so einem Team kann man arbeiten!
Bist du dieses Jahr dabei?
Bild:  Überreife, rosinenartige, ausgetrocknete Trauben.
Eure hart erntenden Grafen

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