Wir leben auf einer Wolke. Einer Duftwolke aus Blütenstaub und Sonnenschein. Denn in den vergangenen Wochen blühten unsere Reben in der wunderschönen Pfalz, und es gibt keinen herrlicheren Duft auf der Welt. Die Bienen sind im Freudentaumel und wir freuen uns mit, vor allem, weil das Jahr gar nicht so rosig anfing:
Nach einer kurzen, warmen Frühlingsphase zum Jahreseinstieg (im Februar!), kam im Mai noch einmal der Frost und hat in vielen Weinbergen der 13 Deutschen Weinanbaugebiete die zarten Triebe erfrieren lassen, davon berichteten wir schon. Unsere Weinbergen rund um Weyher hatten Glück und blieben verschont, dank unserer geschützten und besonderen Lage.
Und dann kam der Regen. Lange hatten wir kein so verregnetes Frühjahr mehr. Bis heute messen wir bereits über 510 Liter Niederschlag pro Quadratmeter für das Jahr 2024 (Nur mal im Vergleich: letztes Jahr hatten wir um diese Zeit gerade mal 363 Liter Regen…). Selbst die Wäsche wurde aufgrund der Luftfeuchtigkeit kaum noch trocken, und unser Erzfeind, der Mehltau, machte Freudensprünge durch die Pfützen. Im konventionellen Weinanbau haben wir jetzt schon so viel Pflanzenschutzmittel ausbringen müssen wie sonst in einem ganzen Jahr – und wir wissen, dass es im Bioanbau noch viel dramatischer aussieht… Daher können wir nur noch einmal wiederholen, wie froh wir sind, dass der Cabernet blanc offensichtlich das Lied »singing in the rain« zu seiner Lebenshymne erkoren hat. Der wächst ganz vorbildlich und entspannt, der Mehltau läuft mit hocherhobener Nase angewidert an ihm vorbei. Wunderbar!
Doch damit uns Winzern nicht zu langweilig wird, wurde der Regen auch noch bitterkalt. Ende Mai hatten wir einen Kälteeinbruch, der unsere Weinberge auf fünf bis sieben Grad in der Nacht herunterkühlte, und dabei ist den Reben wirklich der Spaß am S-E-X vergangen (wir müssen es so schreiben, sonst landet dieser Newsletter auf der verruchten Liste). Denn Reben sind Selbstbestäuber, doch wenn man vor Kälte zittert, macht nichts mehr Spaß, noch nicht einmal die Fortpflanzung.
Kurz: Viele Trauben sind dabei »verrieselt« - so der Fachbegriff, wenn die Blüten sich nicht ganz korrekt entwickeln. Das Ergebnis? Die Traube (also das dreieckige Ganze, das immer so hübsch aus den Füllhörnern der Antike hervorquillt) wird dieses Jahr relativ lockerbeerig ausfallen. (Habt Ihr Euch das Wort auf der Zunge zergehen lassen? Lockerbeerig. Sagt alles!)
Das senkt natürlich den Ertrag, aber vermutlich ist das trotzdem ein Glück im Unglück, denn eine lockerbeerige Traube kann besser durchlüftet werden, und das wiederum schützt vor dem gefürchteten Schimmelbefall. Das Universum ergibt also doch irgendwo einen Sinn - wie tröstlich.
Die Sommersonnenwende ist noch nicht lange her. Bei über 12,5 Stunden Sonnenschein und bis zu 16 Stunden Tageslicht räkeln sich die Träubchen genüsslich – und sie sind nicht die einzigen. In unserem Winzergarten haben wir schon seit Jahrzehnten ständige Gäste, die regungslos auf den Sandsteinen ruhen und das Leben genießen (die, die sich eine Schorle bestellen, bewegen sich). Oft sitzen beide direkt nebeneinander und beäugen sich friedlich. Die Rede ist von der Mauereidechse, einer geschützten Spezies. Haltet also die Augen auf, wenn Ihr das nächste Mal in unserem Winzergarten im Weingut seid, denn die Mauereidechse ist gut getarnt, aber erstaunlich entspannt. Oft blickt sie mit dem leicht verächtlichen Blick einer Celebrity in die Kamera, die ihr keine 15cm entfernt vor die Nase gehalten wird.
Foto: Entspannte Mauereidechse im Winzergarten vom Weingut Graf von Weyher
Und dieses Jahr gibt es noch weitere nächtliche Gäste, die uns ganz und gar verzaubern. Als wir kurz nach Sonnenuntergang gegen 23 Uhr (!) vom Waldbaden beim Schweizer Haus (übrigens ein fantastisches Event!) mit gemütlichem Schorle-Ausklang durch den dunklen Pfälzer Wald gen Weyher wanderten, leuchteten uns unendlich viele Glühwürmchen den Weg. Es war ein magischer Abend.
Kommt also in den Pfälzer Wald und habt keine Angst vor der Dämmerung. Unser Schwund an Touristen ist ausgesprochen niedrig – zum Einen gibt es überall Schilder auf den Waldwegen, zum Anderen kann man andere Wandernde um Rat fragen (denn das Internet funktioniert hier im Wald eher nicht), und zum Dritten haben wir noch einen Geheimtipp: Wer sich verirrt, muss nur konstant bergab laufen oder einem Flusslauf folgen. Über kurz oder lang kommt man so garantiert ins nächste Dorf. Weitere Tipps und attraktive Wanderwege findet Ihr übrigens auch auf dem Blog von »Wandercroissant«.
Foto: Blick über Weyher ins Rebenmeer der Pfalz, links unsere Weingutshündin Yoko.
Jetzt freuen wir uns alle auf den Sommer und die kletternden Temperaturen. In diesem Sinne, genießt die langen Tage mit einem eisgekühlten Rosé!
Eure glühwürmchen-verzauberten Grafen
P.S. Wir hoffen, Ihr freut euch über die Erweiterung eures Wortschatzes. Ihr kennt ja die Weisheit »Learning by doing«. Das Motto unseres Newsletters ist »Learning whilst smiling«.
Liebe Grafen, :-)
eure Newsletter versüßen uns regelmäßig die Tage, an denen wir sie lesen. Eine herrliche Schreibweise.
Gerade lassen wir die neuen Wortkreationen nachwirken.
Wir wünschen Euch einen schönen Sommer mit tollen Gästen, guten Gesprächen und leckeren Weinen.
Wenn alles klappt, sind wir in der ersten Oktoberwoche auf der Durchreise ein paar Tage bei Euch in Weyher. Dann sehen wir uns und freuen uns auf Euch.
Herzliche Grüße aus dem Sauerländle
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