Heute lernen wir ein weiteres Winzer-Wort, mit dem wir Uneingeweihte beeindrucken können: Die Véraison. Ausgesprochen wird es Wäräson (mit einem weichen s). Das sieht schon nicht mehr ganz so elegant aus, daher bleiben wir lieber bei der französischen Version. Wörtlich übersetzt heißt es Reife – und die beginnt jetzt gerade in den Weinbergen!
Wir können uns gar nicht satt daran sehen … denn dieser chemische Vorgang ist ausnahmsweise einmal auch mit dem bloßen Auge zu erkennen: Die Trauben beginnen, sich zu verfärben. Die hellgrünen Träubchen bekommen eine dunkelrote bzw. lilafarbene oder goldgelbe Farbe. Doch auch unsichtbar geht es jetzt richtig rund: Die Säure wird abgebaut, und Aroma sowie Geschmack entwickeln sich in großen Sprüngen. In den roten Trauben regt sich auch das Tannin, das später eine bedeutende Rolle für den Geschmack spielen wird. Und vor allem: Der in den Blättern erzeugte Zucker wird jetzt in die Früchte transportiert. Dieser Prozess wird auch als Zuckerreife bezeichnet.
Evolutionstechnisch waren Träubchen, die die Farbe wechselten, klar im Vorteil, weil sie durch ihr buntes Gewand Vögel anlockten. Diese sollten von den verführerisch gefärbten Träubchen naschen und so die Beerenkerne verteilen. Wir Winzer sind heute allerdings eher glücklich, wenn die Vögel farbenblind sind.
In diesen Wochen ist das Wetter wieder einmal entscheidend! Wir brauchen viiiel Sonne und möglichst wenig Wasser. Denn so eine Rebe ist ein wenig wie ein Diamant: Nur unter Druck entstehen die besten Ergebnisse. Unsere Reben benötigen den sogenannten Wasserstress, sonst werden sie zu träge und entwickeln sich nicht weiter (das klingt vertraut, oder?). Wenn es zu viel regnet, saugen sich die Traubenbeeren voll, werden wässrig und platzen schließlich auf (zumindest das passiert uns nicht, wenn wir uns auf die faule Haut legen).
Noch ein anderer Punkt wird dieses Jahr ganz spannend: Wir sind ja glücklicherweise vom Frost verschont geblieben, aber Ende Mai gab es noch einmal einen Kälteeinbruch, der die Träubchen erstarren ließ (wir berichteten). Eine ganze Woche lang tat sich gar nichts … und nun wir rechnen damit, dass wir genau diese Woche zeitversetzt auch in der Ernte sehen werden. Da werden unsere Erntehelfer vielleicht einmal Luft holen können. À propos: Wir haben noch ein paar Plätze frei! Wer überschüssige Energie im Weinberg austoben möchte, ist herzlich in unserem internationalen, verrückten Team willkommen! Nur wer schon einmal eine Weinlese mitgemacht hat, weiß wirklich zu schätzen, was in diesem wunderbaren Getränk für Arbeit steckt.
Und was passiert aktuell noch im Weinberg?
Wir haben mit der sogenannten Grünlese unserer Premiumweine begonnen. Dabei werden gezielt grüne Trauben abgeschnitten, damit die Pflanze sich auf die verbleibenden Trauben konzentrieren kann. So wird die Menge zwar stark reduziert, aber die Qualität geht exponentiell nach oben. Die grünen Trauben sind übrigens nicht verloren – sie fallen auf den Boden und gehen in den natürlichen Kreislauf zurück. Vielleicht schaffen sie es in einer Reinkarnation im nächsten Sommer zur Reife …
Außerdem putzen wir wie verrückt, damit alles auf Hochglanz und hygienisch rein vorbereitet ist, wenn die ersten Träubchen geernet werden können. Vor allem unsere Edelstahltanks werden innen und außen porentief gereinigt und blitzblank geputzt.
Bei so viel Arbeit wird dennoch das Feiern nicht vergessen. Unser jährlicher Höhepunkt steht kurz vor der Tür: Vom 6. bis 9. September feiern wir das Weyherer Weinfest, und Ihr seid herzlich eingeladen! Vermutlich werden wir direkt danach mit der Weinlese beginnen. Dieses Jahr findet ausnahmsweise zeitgleich das Weinfest in Kreuztal statt, und unser Weingut wird dort von Seniorchef Otmar vertreten. Dass Otmar zum Weyherer Weinfest nicht Zuhause ist, hat es noch nie gegeben, aber wir sind zuversichtlich, dass die Kreutzberger kein Heimweh aufkommen lassen werden.
Sehen wir uns in diesem Herbst in Weyher oder Kreuztal?
Eure langsam reifenden Grafen
Leave a comment