Liebe Freunde des guten Weins,
es gibt in Norddeutschland eine grausame Sitte, die sich Osterfeuer nennt. Bei Temperaturen knapp über Null wird man von vorn gebraten und von hinten tiefgekühlt, während man verzweifelt an einem faden Teigstück mit schwarzer Kruste knabbert, das als Stockbrot verherrlicht wird.
Nun, wir in Weyher habe auch eine grausame Sitte, die aber mehr Spaß macht: Die Gärrer. Nie gehört?
Es ist eine Pfälzer Tradition, die Hunderte von Jahren alt ist: Von Gründonnerstag bis zum frühen Ostermorgen (als ja bekanntlich Jesus auferstand) werden alle Kirchenglocken abgestellt. Nun war es allerdings bekanntermaßen so, dass die Glocke (außer der Sonne) die einzige Zeitorientierung bot, die man damals hatte. Damit die Pfälzer über die Osterfeiertage nicht völlig kopf- und zeitlos durch die Gegend rannten, kamen die Gärrer sozusagen als Glockenersatz! Sie machten mit einer hölzernen Ratsche Geräusche und riefen dabei laut die Uhrzeiten. Sie verkündeten auch, wann es Zeit war, zur Kirche zu gehen und wann man sich tunlichst zum Gebet zu begeben hatte.
Die Zeiten änderten sich. Durch die digitalen Wecker, dem iPhone, der goldenen Uhr (aus der Schweiz oder China) und etlichen anderen Zeitmessern verloren die Kirchenglocken an Bedeutung. Doch die Gärrer blieben und sind nach wie vor das Privileg der Pfälzer Jugendlichen, die sich einen Spaß daraus machen, das Dorf über Ostern in aller Herrgottsfrühe mit einem Höllenlärm aus den Federn zu »gärren«.
Für uns Grafen ist es eine großartige Kindheitserinnerung. Man stelle sich vor, um vier Uhr nachts laut lärmend durchs Dorf zu tollen und mit einem ohrenbetäubenden Krach, der von den alten Mauern widerhallt, die Leute zu wecken – und das alles ganz legal! Herrlich! Nur Neulinge bekommen den Schock ihres Lebens. Die Pfälzer murmeln grummelig und drehen sich seufzend noch einmal um.
Aber das ist nicht die einzige Pfälzer Tradition, an der wir mit Leidenschaft festhalten. Die zweite lautet: Raus in die Natur (natürlich gut ausgerüstet mit Snacks zum Schnabulieren und leckerer Riesling-Schorle! Denn für den Pfälzer gibt es nichts schlimmeres als Durst oder Heimweh…). Das Wandern ist der Pfälzer Lust, mit einer kleinen Besonderheit: Bei uns ist nicht der Weg das Ziel, sondern die Waldhütte. Dass diese einmalig sind, hat dann irgendwann auch der Rest der Welt geschnallt und ihnen den wohlverdienten Titel »UNESCO-Welterbe« verpasst (mehr dazu hier). Nicht, dass das irgendjemanden in der Pfalz gewundert hätte. Der Ausblick über die Pfälzer Rheinebene, die Eichhörnchen, die Wildschweine… Alles wunderbar. Na gut, das mit den Wildschweinen ist so eine Sache.
Wir hatten mal einen Azubi, der sehr früh am Morgen im Weinberg arbeitete, um den Nachmittag frei zu haben. Er trug Kopfhörer und machte fröhlich seine Laubarbeiten. Plötzlich spürte er etwas hinter sich. Er drehte sich um und stand Aug an Aug mit einem ausgewachsenen Wildschwein, das geschätzt bestimmt seine 200 kg auf die Waage brachte. Voller Panik sprang der Azubi auf die Motorhaube des Traktors. Von diesem sicheren Standort aus rief er den Seniorchef an und fragte, was er tun könne. Es war 5.30 Uhr. Otmar empfahl ihm mit echter Pfälzer Gemütsruhe, abzuwarten, bis das Schwein das Interesse an ihm verloren hatte. :-)
Wer also Lust auf das Abenteuer Natur hat, sollte sich für Ostern einen Spaziergang zu unseren Waldhütten vornehmen. Sowohl das Schweizer Haus als auch die Amicitia haben geöffnet. Am Karfreitag gibt es Fisch (noch eine Tradition!). Klassischer Heringssalat oder Fischlasagne mit Pfiff stehen genau wie eine vegetarischen Spinatknödel auf der Speisekarte. Natürlich kombiniert mit Riesling, wie könnte es anders sein!
Und falls es kalt wird: Durch unsere Holzöfen sind die Hütten bei jedem Wetter gemütlich & kuschelig. Und leichter Nieselregen kommt durch die Bäume gar nicht erst durch!
Noch zwei Tipps: Wer Wildschweine hautnah (aber sicher) erleben will, sollte sich den Wildwanderpark Silz zum Ziel setzen. Er ist nur eine halbe Stunde von Weyher entfernt. Und wer ganz hoch hinaus will, kann sich einen Paragleiter mieten und elegant über das Schweizer Haus hinweggleiten. Wir winken von unten, versprochen.
In diesem Sinne: Frohe Ostern!
Viele Grüße aus der Pfalz
Eure Waldburschen & Grafen
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