Die Wonne der Sonne oder: Die Saga unserer Solaranlage

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Es gibt Projekte, da denkt man: „Das ist doch ein Klacks.“ Und dann gibt es ein rüdes Erwachen und der Klacks wird ein Klops, ja, mehr noch, sogar ein Klotz am Bein. So ging es uns mit unserer Solaranlage.

Planung kostet Energie, bevor sie sie abwirft

Es begann ganz harmlos irgendwann anno 2022. Wir beschlossen, uns in Richtung nachhaltige Energie weiterzuentwickeln, recherchierten, diskutierten und entschieden uns für eine Solaranlage. Effizient sollte sie sein, optisch nicht stark beeinträchtigen, und natürlich ideal angebunden. Um eine gute Leistung zu erhalten, planten wir mit Experten jeden nutzbaren Quadratzentimeter an Dachfläche ein. 60 Kilowatt pro Stunde war das erklärte Ziel, denn unser Jahresverbrauch im Weingut beläuft sich aktuell auf knapp 50.000 Kilowattstunden (kWh), Tendenz steigend.

Unser Weingut besteht aus mehreren Häusern. Der älteste Teil des Ensembles ist die Scheune mit unserem alten Weinkeller und unserer Strohstube von 1609. Der neueste Kelleranbau ist von 2002. Dazwischen gibt es mehrere andere Gebäude, weil jede Generation unter Einsatz großer Kreativität irgendwie noch was dazu mauerte. Real-life-Tetris sozusagen.

Mit Hilfe eines Elektrikers planten wir jedes Dach ein, das irgendwie Sinn ergab. Nur das historische Scheunendach bekam keine Solarpanels.

Hält das Dach?

Foto: Montageexperte Artur bei der Arbeit

Nachdem wir wussten, was wir wollten, bestellten wir im nächsten Schritt einen Sachbearbeiter vom Bauern- und Winzerverband. Dieser prüfte, ob unsere Dächer sich überhaupt eigneten. Dabei stellte sich heraus, dass ein Altbau aus den 80er Jahren immer noch ein Asbest-Dach hatte, das nicht bebaut werden durfte. Also mussten wir es erst abtragen und neu aufsetzen.

Doch selbst ist der Winzer, das konnte uns nicht umhauen! Wir warfen uns in spezielle Schutzkleidung und haben das Dach innerhalb von zwei Arbeitstagen mit drei Mann ab- und wieder aufgebaut. Über die Entsorgungskosten schweigen wir lieber. Sie sind für circa 15 der neuen grauen Haare verantwortlich.

Der erste Antrag

Dann beantragten wir (weil in Deutschland alles mit einem Antrag beginnt) bei unserem regionalen Stromversorger einen sogenannten „Netzantrag“. Die Genehmigung dauerte ein paar Wochen und dann lösten wir im Oktober 2022 voller Optimismus die Bestellung für unsere wunderbare 60 Kilowatt-Anlage aus.

Die eeeeeeeendlose Lieferzeit

Weil gefühlt ganz Deutschland sich mit Solareinlagen eindeckte, gab es eine Lieferzeit, die uns erbleichen ließ. „Knapp ein Jahr“, wurde uns mitgeteilt. Wir seufzten und übten uns in Geduld. Am Ende kamen die Solarpanels jedoch erst über ein Jahr später an. Das war im Mai 2024.

Die Montage auf den Dächern über Weyher

Unter Expertenanleitung kletterten wir schwindelfreien Winzer erneut aufs Dach und montierten unsere brandneuen Solarpanels. Drei Leuten arbeiteten bei großer Hitze im August 2024 über knapp zwei Wochen in luftiger Höhe. Ein Arbeitsplatz mit dem schönsten Panoramablick überhaupt – schade, dass wir euch nicht alle aufs Dach holen konnten! Als wir fertig waren, platzen wir fast vor Stolz und konnten es kaum erwarten, die Anlage endlich anzuschließen.

Der zweite Antrag

Doch da stellten wir überrascht fest, dass die Genehmigung der Pfalzwerke nur für ein Jahr galt und durch die lange Lieferzeit bereits ihre Gültigkeit verloren hatte.

Also stellten wir den gleichen Antrag noch einmal. „Nicht so schlimm“, dachten wir. „Eine reine Formalität.“ Und standen wie vom Donner gerührt, als die Antwort kam: Der exakt selbe Sachbearbeiter, der uns vor einem Jahr den identischen Antrag bewilligt hatte, informierte uns nun, dass er nur die Hälfte der vorher schon einmal freigegebenen Dachfläche genehmigen würde, weil unser Hausanschluss zu klein sei.

Wir verstanden nur noch Bahnhof. Unser Hausanschluss war doch nicht geschrumpft? Auf die Barrikaden, Ihr Grafen!

Die Pfalzwerke beauftragten auf unseren Protest hin Fachexperten, die mit gerunzelter Stirn unseren Hausanschluss begutachteten – und schließlich befanden, dass er doch groß genug war. Hurra!

Wir warfen die Hüte in die Luft … bis die Pfalzwerke uns die Rechnung für die Fachexperten ins Haus schickten. Selbstverständlich weigerten wir uns, diese zu bezahlen. Die nachfolgende Korrespondenz war für 30 weitere graue Haare verantwortlich.

Der dritte Antrag

Weil der zweite Antrag ja nun nur die "Hälfte” unserer bereits montierten Anlagen genehmigte, mussten wir ihn noch ein dritten Mal stellen. Dies taten wir zähneknirschend … und oh, Wunder, im November 2024 erhielten wir doch tatsächlich die Genehmigung über die gesamte Fläche!

Der Anschluss

Nun ging es darum, alle Elemente miteinander zu verbinden und ein schlüssiges System zu bauen bzw. das Ganze ins überregionale Netz einzuspeisen. Unser ursprünglicher Elektriker war mittlerweile in Rente gegangen (kein Witz!). Also holten wir uns Angebote von drei neuen Elektrikern ein.

  • Der erste Elektriker schaute sich alles an, wiegte bedächtig den Kopf und teilte uns mit, dass ihm die Sache zu groß sei.

  • Der zweite Elektriker schaute sich alles an, schüttelte den Kopf und teilte uns mit, dass die geplanten Wechselrichter völlig falsch seien und auch ein größerer Anschlussschrank nötig sei. Kurz: falsch geplant, falsche Sachen eingebaut, leider, leider alles Käse.
    Wir schluckten trocken und 40 weitere Haare verloren ihre Farbe.

  • Der dritter Elektriker jedoch kannte die Wechselrichter (eine deutsche Marke, die nicht so oft verbaut wird) und erklärte sich bereit, den Job zu übernehmen. Wir sind ihm fast um den Hals gefallen.

Die “Förderung”

Die Anlage hat in Summe um die 145.000 Euro netto gekostet, ohne Berechnung der eigenen Arbeitszeit. Anders als bei Privathaushalten konnten wir keinerlei Förderungen vom Staat in Anspruch nehmen ... die Industrie und Landwirtschaft muss solche Umstellungen ganz alleine stemmen. Zum Zeitpunkt unserer ersten Antragstellung galt jedoch die Befreiung von der Mehrwertsteuer für alle, die eine Solaranlage kauften (ob Privatperson oder Unternehmen). Darauf haben wir uns verlassen, als wir die Anlage bestellten.

Doch im Nachhinein wurde das Gesetz gekippt. Aktuell ist immer noch völlig unklar, ob wir (und alle anderen) die 19% MwSt. nachzahlen müssen oder nicht. Es ist für die Wirtschaft wahrlich nicht förderlich, wenn in der Politik mal hü mal hott herrscht.

Der Wettlauf gegen die Zeit

Jede Solaranlage produziert Strom, abhängig von der Anzahl der Sonnenstunden. Diesen Strom kann der Betreiber für seinen Eigenbedarf nutzen. Soweit ist alles klar. Doch nicht immer deckt sich die Produktion mit dem Bedarf:

  • Wenn zu wenig produziert wird, kauft man den Strom (wie früher auch) einfach zusätzlich ein, aktuell zu einem Preis von 35 Cent pro Kilowattstunde.

  • Wenn zu viel produziert wird, wird die überschüssige Energie automatisch ins überregionale Netz eingespeist. Dafür erhält man als „Einspeisevergütung“ satte 8 Cent pro Kilowattstunde.

Doch auch diese schnöden 8 Cent sind seit dem 1. Februar 2025 weggefallen: Alle Anlagen, die seitdem bei Unternehmen ans Netz gehen, bekommen gar kein Geld mehr. Man schenkt den Energieversorgern also den Strom, den sie dann weiterverkaufen können. (Warum haben wir nicht so ein Geschäftsmodell entwickelt?).

Wie in einem Thriller haben wir es auf den letzten Drücker geschafft, unsere Solaranlage noch vor dem magischen Termin fertigzustellen: Am 21. Januar 2025 wurde sie ans Netz angeschlossen. Traraaa! Und schnauf. Erleichtert, euphorisch und erschöpft schafften wir es über die Ziellinie.

Das Ergebnis

 

(Stand 12.03.2025)

Ihr könnt euch vorstellen, dass wir unsere Solarstatistik jetzt mit einer solchen Faszination verfolgen, dass selbst ein Vierzehnjähriger mit TikTok-Fixierung daneben blass aussehen würde.

Schon jetzt im Winter liefert unsere wunder-wunderschöne Anlage eine beeindruckende Leistung: Unser eigener winterlicher Energiebedarf im Weingut ist bereits durch wenige Wintersonnentage gedeckt! Diese Unabhängigkeit gibt ein richtig gutes Gefühl. Laut offizieller Berechnungen wird sich die Anlage übrigens je nach Wetter in ca. 6 Jahre amortisiert haben, d.h., ab 2030 werden wir die 145.000 Euro an Anschaffungskosten wieder eingespart haben. 

Doch das Beste: Seit dem 21. Januar 2025 haben wir durch die PV-Anlage schon über 2.400 CO2 eingespart. Das ist so großartig, dass uns unsere vorzeitige Ergrauung fast egal ist.

Das ist echte Nachhaltigkeit, für die wir seit Jahren kämpfen, obwohl wir nicht Bio-zertifiziert sind. Warum das so ist, erklären wir übrigens hier:

Bio oder nicht Bio, das ist hier die Frage

Lehnt euch wie wir zurück, genießt die sonnenreichen Stunden, die da kommen, und schlürft wie wir genussvoll ein gutes Gläschen Wein. Der gute Kampf ist gekämpft. Lang lebe die Solaranlage!

Eure leicht ergrauten aber sonnentankenden Grafen


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