wir Winzer müssen feine Geschmacksnuancen erkennen, das weiß jedes Kind. Doch wir müssen auch in anderen Bereichen viel Fingerspitzengefühl beweisen – und das ganz besonders in dieser Jahreszeit. Denn jetzt heißt es: Biegen ohne Brechen!
Zunächst muss das Wetter stimmen. Die Reben müssen schon ein wenig mehr Saft als im Winter haben, damit sie nicht zu trocken und brüchig sind. Idealerweise kommt noch ein beständiger Nieselregen dazu. Wenn der richtige Zeitpunkt gekommen ist, legen wir los:
Die weit ausladenden Äste der Weinreben werden sanft in die Horizontale gebogen und mehrfach um die quer gespannten Drahtseile gewickelt, die jede Reihe durchziehen. Dann werden sie mit einer Maschine (die wir in der Pfalz liebevoll Pellenc-Binder nennen) an die Drahtseile gebunden. So eine Handmaschine wiegt immerhin knapp ein Kilo, da entwickelt man als Winzer ganz neue Muskeln!
Elektrisches Bindegerät Pellenc Fixion 2.0
Der “Pellenc-Binder” hat auf einer Rolle den besonderen Draht, den wir verwenden. Wir nennen ihn Bindedraht. Man hält die Maschine an die Drahtseile mit der Rebe, drückt auf den Knopf, und zack schießt der Bindedraht hervor, bildet eine Schlaufe und zieht sich fest (siehe Videoclip). Und dies wiederholen wir mehrmals für alle 32.000 Pflänzchen mit ihren 1 bis 2 Ästen pro Rebe!
Ja, dies ist eine Arbeit, bei der man die Gedanken schweifen lassen, Podcasts hören, drei bis vier Fremdsprachen lernen und (mit Headset) telefonieren kann – oder auch einfach nur das Knirschen des Bodens unter den Stiefeln und das erste Frühlingsgezwitscher der Vögel genießt, während die Hände geübt die Reben in die richtige Position schmeicheln.
In diesem kurzen Videoclip zeigt Euch unsere ehemalige Weinbaustudentin Sarah, wie es geht!
Doch warum tun wir das überhaupt? Warum lassen wir die Weinberge nicht einfach munter in die Höhe schießen? Eine Weinrebe hat zwei Ziele im Leben: Sie möchte wachsen und Früchte bringen. Das steht allerdings im Widerspruch zueinander: Entweder sie steckt ihre Kraft in große Äste und Wachstum ODER sie steckt ihre Kraft in die Früchte. Durch den Beschnitt und das spätere Biegen sorgen wir dafür, dass sie sich auf ihre Früchte konzentriert. Deshalb ist der Stamm einer Weinreben immer nur circa einen Meter hoch – und Winzer idealerweise klein. :-) Nicht ganz so klein wie Jockeys, aber als zwei-Meter-Mensch ist es schon ein wenig anstrengend in den Weinbergen.
Wenn Ihr also beurteilen wollt, wie alt ein Weinberg ist, sagt Euch die Höhe gar nichts. Die Dicke der Stämme hingegen teilt dem gewieften Augen mit, wie alt so ein Weinberg ungefähr ist. Eine Weinrebe trägt ab dem ersten Jahr Früchte. Nach 35 Jahren hat sich die Investition grob amortisiert (d.h. gelohnt). Ansonsten gibt es eigentlich kein Verfallsdatum, denn im Laufe der Jahre nimmt der Ertrag nur wenig ab. Wie lange die Rebe bleibt, liegt damit im Ermessen des Winzers. Der älteste Weinberg der Welt steht übrigens im Nachbarort Rhodt, ist ein Gewürztraminer und gerade mal zarte 400 Jahre alt. Auch er trägt immer noch Trauben!
Doch zurück ins Hier und Jetzt des Winzerjahres: Nach dem Biegen warten wir auf den Frühling … und jetzt endlich darf der Weinberg ruhen, bis die ersten Blätter austreiben. Dabei wächst die Rebe um den Bindedraht herum … bis zum Rückschnitt im nächsten Jahr. (Der Bindedraht ist übrigens darauf ausgelegt, sich innerhalb eines Jahres aufzulösen.) Denn jährlich grüßt das Murmeltier.
So viel Arbeit macht durstig. Unser Muskateller ist zwar kein Gewürztraminer und nur knappe 13 Jahre alt, aber er ist mindestens genauso aromatisch und vollmundig wie sein älterer “Bruder” der Gewürztraminer.
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