Am 4. September hat die Weinlese begonnen! Jetzt sind wir täglich draußen in den Weinbergen, mit unserem Ernteteam und der Maschine, um unsere kostbaren Träubchen sicher und wohlbehalten ins Weingut zu bringen. Doch wie kommt eigentlich der Saft aus den Trauben?
»Total einfach«, denkt sich der Laie.
»Man springe mit beiden Füßen in einen Bottich voller Trauben und stampfe drauflos.«
Richtig. So war es früher. Und tatsächlich hat diese Art des Pressens einen riesigen Vorteil (neben der angenehmen Fußmassage): Selbst wenn ein 120-Kilo-Mensch mit viel Schwung auf die Träubchen hüpft, zerquetscht er dabei nicht die Traubenkerne. Und darauf kommt es an, denn gequetschte Traubenkerne sind absolut nicht das Aroma, das wir uns im Wein wünschen (gewaschene Füße dagegen schon!).
Da das natürlich nicht so bleiben konnte, wurde getüftelt und entwickelt. Heute ist so eine Weinpresse schon fast wie eine Geburt. Denn anstelle des offenen Bottichs gibt es ein fest geschlossenes Edelstahlgehäuse, das von außen wie ein länglicher Tank aussieht. Und statt des Mühlsteins gibt es innen in der Weinpresse ein Art Kissen. Das wird von außen gesteuert mit Luft gefüllt. Dieser Druck ist sehr fein ganz nach Bedarf einstellbar. Und so, wie die Gebärmutter sich zusammenzieht und das Baby durch Platzmangel nach draußen quetscht, agiert jetzt auch dieses Kissen und verringert den Platz in der Presse. Unsere Geburt eines neuen Jahrgangs!
In unserer Presse sind vier Siebrohre angebracht. Zuerst tummeln sich die Trauben um diese Rohre und wollen noch nicht so richtig loslegen. Schließlich sind sie rund und prall und der Saft ist gut geschützt. Doch dann kommt das Kissen! Peu à peu verringert es den Platz, und so werden – ganz sanft, aber nachdrücklich – die Trauben gegen die vier Siebrohre gedrückt, bis sie platzen und der Saft in die Ablaufrohre schießt.
Video: Der frisch gepresste Traubensaft läuft aus der Presse heraus.
Die Masse, die innen in der Presse verbleibt, heißt Trester. Nun ist dieser natürlich nicht durch das einmalige Aufblasen des Kissens völlig ausgequetscht. Deshalb kommt jetzt der Kirmes-Effekt: Die ganze Presse dreht sich – heißa! – mehrfach um 360 Grad. Dadurch wird der Trester gelockert und die Position der Beeren verändert sich. Dann kommt das Kissen für den zweiten Pressdurchgang! Über mehrere Stunden wird das Kissen immer wieder und immer stärker aufgeblasen, und so wird wirklich jeder mögliche Tropfen rausgequetscht.
Es gibt übrigens Weine, die sich ganz wunderbar pressen lassen. Unsere Scheurebe zum Beispiel. Der Silvaner hingegen gibt sich gern borstig. Er verstopft die Mem-branen in den Sieben für sein Leben gern. Dann müssen wir sie säubern … und das ist eine ziemliche Sauerei. Wer mal im Wein(-Gemisch) baden will, ist herzlich eingeladen, im nächsten Herbst mitzumachen. Und wer einen stressigen Job haben möchte, sollte sich bei den Weinpressenherstellern im Bereich Technik bewerben. Die bieten in der Erntezeit einen Über-Nacht-24-Stunden-Kundendienst an. Denn wenn die Presse nicht presst, schießt unser Blutdruck in dem Maße hoch, in dem der Druck in der Presse absinkt.
Diese kostbare Maschine steht 10 bis 11 Monate des Jahres dumm herum und frisst nur Raum. In den wenigen Wochen im Jahr, in denen wir sie brauchen, darf sie nicht ausfallen, und es darf auch nichts schiefgehen. Denn in ihr ruht die Arbeit eines ganzen Jahres.
Foto: Weinpresse “Europress” im Weingut Graf von Weyher
Unsere Presse hat gut 100.000 Euro gekostet, fasst 4 Tonnen und hat die Grundfläche einer Abstellkammer (ca. 4 qm). Damit ist sie noch ein niedliches Maschinchen. Als Jürgen in Neuseeland auf einem Weingut arbeitete, hat das 100-köpfige Team kurzerhand ein Gruppenfoto gemacht – IN der Weinpresse!
Für die höchste Weinqualität bei Champagner und Rotweinen werden übrigens besonders zarte Füße genommen – bzw. das moderne Äquivalent. Denn hier ist nicht ganz so viel Druck nötig, weil die Maische ja schon länger gegoren und dadurch weicher ist. Diese Pressen laufen nach dem Prinzip der alten Korbpressen, sprich, die Maische wird in eine vertikal stehende Presse eingefüllt und dann kommt der Druck von oben (aber natürlich nicht zu viel!).
Je nach Rebsorte kommt unterschiedlich viel Saft aus der Presse. Pauschal gewinnen wir aus einem Kilogramm Trauben etwa 750 ml Saft. Eine große Ausnahme ist die Trockenbeerenauslese. Die Trauben vertrocknen quasi am Rebstock (wie der Name schon sagt), und wenn wir diese süße Köstlichkeit ernten, gewinnen wir nur ca. 200 ml Saft aus einem Kilogramm Trauben.
So, und jetzt gehen wir unsere Füße waschen.
Eure schwer gepressten Grafen
3 Kommentare
Gabi L.
Wieder ein suuuuper schöner Bericht!!! Vielen Dank. Es ist eine reine Freude, eure Mails zu lesen. 👍😂
Brigitte S.
Das haben sie so wundervoll beschrieben und im Video dargestellt. Sehr gut. Ich wohne im Anbeigebiet Ahr. Ich müßte es wissen. Aber das war einfach sehr gut
Elisabeth und Rudolf E.
Liebe Herrn Graf,
wir freuen uns über jede Nachricht von Ihnen.
Diese Mails sind sehr informativ.
Wir bewundern immer wieder wie viel Arbeit Sie sich bei der Gestaltung machen.
Es macht einfach Lust wieder in die Pfalz zu fahren und Sie zu besuchen. Nicht nur der Wein schmeckt, sondern auch die angebotenen Kuchen und Brotzeiten.
Vielen Dank für Ihren Einsatz und wir hoffen, dass Sie weiterhin so tolle Newsletter versenden.
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Wieder ein suuuuper schöner Bericht!!! Vielen Dank. Es ist eine reine Freude, eure Mails zu lesen. 👍😂
Das haben sie so wundervoll beschrieben und im Video dargestellt. Sehr gut. Ich wohne im Anbeigebiet Ahr. Ich müßte es wissen. Aber das war einfach sehr gut
Liebe Herrn Graf,
wir freuen uns über jede Nachricht von Ihnen.
Diese Mails sind sehr informativ.
Wir bewundern immer wieder wie viel Arbeit Sie sich bei der Gestaltung machen.
Es macht einfach Lust wieder in die Pfalz zu fahren und Sie zu besuchen. Nicht nur der Wein schmeckt, sondern auch die angebotenen Kuchen und Brotzeiten.
Vielen Dank für Ihren Einsatz und wir hoffen, dass Sie weiterhin so tolle Newsletter versenden.
Liebe Grüße aus dem Allgäu
Wir freuen uns über deine Kommentar