Wohin mit der Überfülle?

Foto: Unserer Dornfelder Träubchen am 20.07.2024 Weingut Graf von Weyher Pfalz
Das Problem kennen alle, die einen eigenen Garten haben: Monatelang freut man sich auf die Ernte, fiebert der ersten Tomate entgegen, und dann weiß man gar nicht mehr, wohin mit der Überfülle und kann nach Tomatensalat, Tomatensuppe, Tomatenauflauf, Tomate-Mozzarella und Tomatenbrot keine Tomaten mehr sehen.
Das kennen wir Winzer auch. Einmal im Jahr platzt unser Keller aus allen Nähten … und den Rest des Jahres leben wir davon. Wie lagern wir also das kostbare Nass am besten? Diese Frage wurde über die Jahrhunderte ganz unterschiedlich beantwortet:
  • Man kennt sie aus dem Museum oder von Ausgrabungsstätten: Die ersten Weine wurden in Amphoren gelagert, sprich Tongefäßen mit schlankem Hals. Die waren nicht wirklich ideal, denn der Wein erhielt durch die porösen Wände zu viel Sauerstoff, und das bekommt dem Aroma leider gar nicht. Außerdem waren sie schwierig zu reinigen. Heute gibt es immer noch vereinzelt Weine in Amphoren, für spezielle Weine und Jahrgänge, z.B. in Georgien.
Foto: Weinamphoren der Römer
Foto: Weinamphoren der alten Römer
  • Eine andere Lösung musste her, und so entwickelten findige Winzer die ersten Holzfässer. Diese eignen sich aufgrund diverser mikrobiologischer Eigenarten ideal für die Weinlagerung. Tatsächlich werden die »Informationen« des Weins in den Holzwänden gespeichert und über die Jahre weitergegeben. Das sorgt für unverwechselbare Aromen. Leider gilt dies auch für negative Impulse: Wenn sich einmal so ein Pils (oder ein unangenehmer Geschmack) in die Wand gesetzt hat, kann man das Fass gleich entsorgen.
    Heute sind vor allem Barriquefässer bekannt & berühmt. Sie sind aus Eichenholz gefertigt und auf 225 Liter geeicht, denn nur in dieser Größe ist das Verhältnis von Holz zu Wein ideal. Nur diese Fässer dürfen Barrique genannt werden (alle anderen sind schnöde Holz- bzw. Eichenfässer). Barriquefässer sind innen geflämmt, damit sie die begehrten Röstaromen abgeben. Das tun sie auch brav, so ca. fünf bis zehn Jahre lang. Dann müssen sie ausgetauscht werden. Jürgen Graf haucht den ausgesorgten Barriquefässern übrigens ein zweites Leben ein, indem er sie kurzerhand in stylische Holzbrillen verwandelt. (Mehr zu den Barrique-Brillen findet ihr hier.) Doch zurück zu den Aufbewahrungsmethoden!
  • Eine weitere Aufbewahrungsmethode waren gemauerte Tanks. Diese wurden als “Privatwohnungen” für den kostbaren Wein angelegt. Rundherum gefliest, ohne Fenster, nur mit einer Fasstür, waren sie quasi eine ein-Zimmer-Wohnung für den Wein. Den Wein bekam man dann über eine Öffnung, ein sogenanntes Fassloch, in der Fasstür in- und wieder aus dem Tank. Jürgen Grafs Patenonkel hat immer noch solche kleinen ein-Zimmer-Wein-Wohnungen in seinem alten Weinkeller, nur wenige Schritte von unserem Weingut entfernt (heute jedoch leider nur noch ungefüllt). Da der Raum komplett gefliest war, konnte er leicht und mit natürlichen Mitteln gereinigt werden, denn eine saubere Umgebung war und ist das A&O, wenn der Wein sich gut entwickeln soll. Doch mit sinkendem »Pegel« kam mehr und mehr Sauerstoff in den Raum, und genau hier lag das Problem. Kurz: Der Wein konnte nicht ewig zur Untermiete bleiben. Bedauerlich, denn der Gedanke, Tür an Tür mit einem ganzen Raum voller Wein zu wohnen, ist schon ausgesprochen charmant.
Foto: gemauerte Tanks
Foto: gemauerte Tanks
  • Der nächste Schritt waren GFK (Glasfaserkunststoff)-Tanks. Die wurden  jedoch irgendwann porös und außerdem erhitzen sie sich schnell, so dass die Temperaturkontrolle schwierig war. Daher wurden sie relativ schnell wieder obsolet.Heute wird ein Großteil des Weins in Edelstahltanks gelagert. Der Nachteil: Es ist ein sehr sehr teurer Rohstoff, denn ein kleiner Edelstahltank für nur 1.000 Liter kostet mal eben schlanke 2.500 Euro. Doch die Vorteile sind immens:
  • - Edelstahltanks sind quasi unkaputtbar.
    - Der Wein kann fast unbegrenzt lange lagern, ohne die Qualität und den Geschmack zu verändern.
    - Sie sind extrem gut zu reinigen – wenn man klein ist. Geübte Winzer wissen, wie sie mit akrobatischen Verrenkungen durch die schmale Öffnung klettern, um den Tank von innen mit der Bürste zu putzen. Das geringe Körpergewicht ist also eine Grundvoraussetzung für die Berufseignung als Winzer (glücklicherweise nicht ganz so streng wie bei Jockeys.) Als Kinder hatten wir einen Heidenspaß und waren begeistert, wenn wir beim Putzen helfen konnten. Rein in die Gummistiefel, bewaffnet mit wasserfester Lampe, Bürste und Wasserschlauch, haben wir die Tanks (und uns) mit großer Begeisterung geschrubbt und abgespritzt.
foto: Unser Weinkeller im Weingut Graf von Weyher
Foto: Unser Weinkeller im Weingut Graf von Weyher
  • Und dann gibt es noch die außergewöhnlichen Wein-Aufbewahrungsorte, die eher die Ausnahme darstellen. Dazu gehören z.B. Granitfässer aus geschliffenem Gestein, Betonfässer (die auch Betoneier genannt werden), Glasballons und viele andere urige Ideen.

Bei uns im Weingut gibt es eine Vielzahl an Edelstahltanks und – für die crème de la crème unserer Weine - Barriquefässer. Doch dazu im nächsten Newsletter mehr…
Eure wohl gelagerten Grafen
 

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